Das Rigg

Ich begann den Bau von SØSYG mit dem Mast.  Warum ausgerechnet mit dem Mast? Nun, der Mast ist das komplexeste Bauteil. Schaffe ich den Mast, gelingt auch der "Rest". 

Im Gegensatz zu Werften kann der Selbstbauer weder auf Erfahrungen noch auf wirklich gutes Holz zurückgreifen. Eine Werft mag über astfreie und enggewachsene Stitka Spruce- Leisten verfügen. Der Selbstbauer muss sich mit viel Mühe einigermaßen gerades und astfreies und dichtgewachsenes Holz suchen. Wer das Glück hat, über sehr gutes und ausreichend langes Holz zu verfügen, kann die von mir benutzte Methode einfach modifizieren. Wer wie ich auf das Holz aus Baumärkten und regionalem Holzhandel angewiesen ist, kann mit der von mir beschriebenen Arbeitsweise einen stabilen und leichen Mast bauen.

Was ist die Birdsmouth - Bauweise?

Bei der Vogelschnabel- oder Birdsmouth- Bauweise werden typischerweise 8 Leisten mittels einer 90°- Nute miteinander verbunden.

Da die Teile  beim Verkleben selbstzentrierend sind, reicht es, mit Kabelbindern für den nötigen Zusammenhalt zu sorgen. Ein Verrutschen ist nicht möglich. Der Clou der Bauweise ist jedoch, dass der Durchmesser konisch zulaufender Masten durch Variation der Leistentiefe im Umfang bei gleichbleibender Wandstärke verändert werden kann. So gelingt auch Amateuren der Bau eines stabilen, verzugsarmen und leichten Hohlmasten.

1) Leistenzuschnitt

Zunächst braucht man eine ausreichende Menge Leisten. Bei Scamp werden 5m Mast aus 8 Segmenten benötigt.  Da ich leider keine ausreichend langen astarme Leisten finden konnte, wurden 24 Stück Leisten à 3m beschafft. Verschnitt einplanen!
Ein Kollege war so nett, mit dir Leisten auf Maß -bei Scamp 16x30mm- zu hobeln. Sägen geht aber auch, solange das Blatt nicht zu grob ist.

 

2) Nuten sägen
Danach habe ich die Nuten eingesägt, um zu sehen, wo sich ggf. Äste lösen, die nicht fest verwachsen sind.

 

Speziell hierfür habe ich mit einer 190mm- Handkreissäge mein "Garagen- Bearbeitungszentrum" gebaut. Besonders wichtig ist ein ruhiger Lauf, gute Justierbarkeit und die Kammleiste, die die Leisen seitlich sauber anpresst. Letztere ist quasi die Lebensversicherung für meine Fingerkuppen...

 

 Gaaanz wichtig: Erst an Resten Probesägen und prüfen, ob die Nut sauber in die Ecke der nächsten Leiste passt. Erst wenn's stimmt, werden alle Leisten genutet.

 

Die gesägten Leisten werden sortiert, um immer 2 Leisten für die Verlängerung auf 5m zusammenzupassen. Kriterien war das Gewicht (unten = schwer) und die vorhandenen Astlöcher oder Störungen im Holz. So wurden die Pärchen markiert und aufgelegt. Besonders in den hoch belasteten Bereichen um die Masteinspannung achtete ich auf möglichst optimale Leisten.

 

 

3)  Leisten verlängern

 

Um die Leisten auf Mastlänge zu bekommen werden nun die vorsortierten Pärchen geschäftet. Beim Schäften werden beide Latten schräg abgeschnitten, um die Fläche für die Verklebung zu vergrößern. Die Schnittläge soll dabei das 8- 10- fache der Leistenhöhe betragen.

 

Um gleichmäßige Schnitte zu erhalten, habe ich mir einen Schiebetisch angefertigt, der für einen konstanten Schneidwinkel sorgt. Diese einfache Vorrichtung hat sich sehr gut bewährt.

 

Die Schnittaufteilung erfolgt so, dass benachbarte Leisten immer unterschiedliche Längen haben, damit nicht alle Schäftungen im Mast an derselben Höhe liegen und so eine Schwachstelle bilden. Vor dem Verkleben wurden die Leisten beschriftet. Das war sehr wichtig, nur die Ausführung war verbesserungswürdig:

Der rote Stift wurde nach dem Hobeln und Schleifen z.T. außen sichtbar.  Was haben wir gelernt? Der Schiffsbauer arbeitet mit Bleistift...

 

Verklebt wird mit Epoxydharz oder einem hochwertigem (!) PU- Leim. Letzterer ist nicht ganz so fest, lässt aber ein schnelleres Arbeiten zu: Klemmenzeit: PU 1h, EP 12h. Test vorab zeigten, dass auch beim PU- Leim der Bruch zwar durch die Klebung ging, aber durchaus Stücke aus der Oberfläche gerissen wurden- die Grenzfestigkeit des Holzes liegt also nicht weit über der Verklebung. Weißleim ist hier ungeeignet, da er im Gegensatz zu den anderen Leimen beim Härten stark schwindet- er kann daher nicht spaltfüllend wirken, was bei dieser Arbeit sinnvoll ist.

 

Zum Verkleben habe ich eine weitere Vorrichtung gebaut. Sie besteht aus einer exakt geraden Anschlagleiste, an die immer ein Leistenpaar gespannt werden kann. Das Grundbrett sitzt auf 2 Querleisten, die durch die so gewonnene "Bodenfreiheit" das Spannen von oben mit Zwingen zulassen und für eine Auflagehöhe von genau 58mm sorgen. Das ist genau die Höhe der Leistenstücke, die ich beidseits in großer Zahl benutzt habe, um die nun 5m langen Leisten horizontal auszurichten.

Wichtig: die Vorrichtung vollständig mit Paketklebeband gegen Anhaften der Leisten schützen. Keine Folie nehmen, hier besteht die Gefahr, dass die Folie in die Fuge gerät und dort die Verbindung verhindert.

 

 

Um aus der Ansammlung von Leisten einen Mast zu machen, mussten die die Leisten nun auf der Rückenseite verjüngt werden. Der Bauplan gibt vor, bei welcher Länge die Leiste welche Tiefe t(l) haben soll. So ist die Leiste am Mastfuß 30x16mm, an der Spitze nur 20x16mm stark.

 

Leider sind die Leisten durch ihre große Länge und die filigrane Nute recht verletzlich. Wie soll man eine präzise Verjüngung herstellen, ohne die Nute zu beschädigen- und das trotz der vielen kleinen Äste, die beim Hobeln so "nett" reißen?

 

Meine Lösung:

Ich habe einige Bretter fluchtend miteinander verbunden und von Spitze bis Fuß die gewünschte Breite angezeichnet. Anschließend habe ich Rundholzabschnitte in Restleistenstücke geklebt und anschließend so auf die Bretter geschraubt, dass die Mastleisten jeweils nur mit dem "gewünschten" Teil über dem Brett zu liegen kamen. Alles, was übersteht, muss weg. Wichtig ist dabei, dass diese Basisbretter um Faktoren steifer sein müssen als die zu bearbeitenden Leisten.

 

Der Überstand wird mit einer Oberfräse mit Bündigfräser in mehreren Schichten abgetragen, um das Splittern des Holzes zu vermeiden.

 

Der einzige Haken an der Sache: Bei dieser Methode beschreiben die Leisten eine konkave Kurve. Das ist unbequem, weil die Leisten während der folgenden Bearbeitung ständig "um die Fräse herum" festgeklemmt werden müssen.  Das bedeutet ständiges Umspannen, aber es funktioniert gut!

 

 

Wenn alle Leisten profilert sind, kann der zukünftige Mast erstmals zusammengefügt werden.

 

Nun ist die richtige Zeit, die Füllstücke für Mastspitze und Fuß zuzusägen. Dazu werden passende Vierkantstücke in "Schlüsselweite" geschnitten und dann die Ecken 45° angefast.

 

Damit sich die Leisten in der Mitte besser montieren lassen, wird ein drittes Füllstück aus Styropor oder ähnlichem Material  (etwas zu klein, um Klemmen zu vermeiden) geschnitten.

 

Das Ergebnis sieht etwa so aus.  Ein wenig "Luft" ist kein Problem, der Spalt sollte nur gleichmäßig sein.

 

 

 

 

 

Der nächste Schritt war etwas hektisch- das Verleimen.

 

Zur Vorbereitung warden die bereitgestellten Böcke mit Folie geschützt und um die Mastbiegung auszugleichen passend unerlegt. Seitlich wird ein Faden gespannt, um die korrekte Ausrichtung in dieser Achse zu prüfen. Als "Zielhilfe habe ich mirv eine Pappschablone angefertigt, die eine schnelle Kontrolle der Geradheit erlaubt, indem die Schablone an jedem Stellbock den korrekten Abstand Mast- Faden zeigt.

 

Ich musste auf kühleres Wetter warten, damit die Reaktion des Harzes in noch akzeptablen Tempo ablief- 15°C bis 20°C sind ideal.

 

Das Harz wurde auf eine senfartige Konsistenz angedickt (Thixotopiermittel plus Holzmehl) und auf die zusammengespannten Leisten satt aufgtragen.

 

Die ersten 4 wurden dann eine nach der nächsten in die Formschablone rechts gelegt und Eck in Nut aneinandergefügt.

 

 

 

Nach der 4. Leiste werden die Füllstücke eingelegt. Das Styroporstück in der Mitte nicht vergessen!

 

 

 

 

 

 

Der Mast wird mit Kabelbindern zunächst leicht fixiert und dann sorgfältig ausgerichtet. Passt die Form folgen richtig  viele weitere Kabelbinder die kräftig gespannt werden. Es sollte aus allen Fugen etwas Leim austreten.

 

Wenn Alles fixiert ist, läßt man den Mast mindestens 12h ruhen.

 

Am nächsten Tag durfte ich auspacken- das war fast wie Weihnachten.

 

 

Die überstehenden Kanten der Nuten werden nun mit einem Hobel abgenommen.  Zur Not wäre auch ein scharfes Messer oder eine grobe Raspel gegangen, wobei letztere die Gefahr von Riefen an ungewünschten Flächen birgt.

 

 

Wo gehobelt wird, fallen Späne- an manch' altem Sprichwort ist wohl was dran....

 

Als 8- Kant sieht's erstmals schon richtig "mastig" aus.

 

Die Ecken werden erneut mit dem Hobel gebrochen. Hierbei ist Vorsicht angesagt, weil an Ästen der Hobel stocken und Fasern ausreißen kann und sich die Faserrichtungen standing ändern. Beim Hobeln gegen die aufsteigende Faser riskiert man das Aufspittern der Oberfläche.

 

Nach diesem Arbeitsgang sieht der Mast schon recht rund aus.

 

 

Ich habe das untere Füllstüch ca. 10cm überstehen lassen, um als letzten Schritt den Mast auf einem Rollbock und mit meiner Drehbank zum Rotieren zu bringen. Das geht sicher auch mit anderen langsamlaufenden Antrieben. Es lohnt sich aber, diese Arbeit nicht durch rein manuelles Schleifen zu tun- der nach dem Hoblen scheinbar runde Mast  ist halt doch noch recht eckig...

 

 

 

 

Lohn der Mühe: die fertig geschliffene Mastspitze.

Der Baum besteht aus einem Vierkantprofil 60x40mm, das beidseits auf 40x40mm verjüngt wird. Die Spiere hat 45mm Durchmesser und verjüngt sich zu beiden Enden hin. Baum und Spiere sind viel einfacher als der Mast herzustellen. Lediglich die Spiere wurde aus 2 Teilen mit gegenläufiger Maserung verklebt. Leider haben sich die Leisten  etwas verzogen- so hatte ich schwer zu tun, für eine ausreichende Verpressung zu sorgen: Man hat einfach immer zu wenige Schraubzwingen.

Bis zum lackierfertigen Rigg habe ich 36 Stunden reine Arbeitszeit benötigt.