Auswahl und Planung

Welches Boot soll es denn werden?

 

Um diese Frage zu klären, musste ich mir über meine Anforderungen klar werden. Folgendes hat sich herauskristallisiert:

  • Reviere: Flüsse und Seen ohne Einschränkung. Als ferner Traum sollte "rund Rügen" realisierbar sein.
  • Ein Nachmittag Segeln mit bis zu 4 Personen (wenn auch etwas "kuschliger") soll möglich sein.
  • Als Wanderboot soll das Mitführen eines Zeltes (ggf. Baumzelt, Kabine?) und von Proviant für ca. 3 Tage möglich sein.
  • Ein "Must have": leicht & gut slipbar, flach gehend.
  • Masse unter 570kg samt Trailer, um mit einem günstigen ungebremsten Trailer auszukommen.
  • Bau und Unterbringung in einer Garage muss möglich sein: L 7m x B 2,4m x H 2,1m minus dem nötigen Begegungsraum sind das absolute Limit.
  • keine Pantry, bestenfalls Kochkiste
  • kein WC oder Porta Potti, ein Falteimer für den Notfall muss reichen.
  • Ruder und/oder kleiner Außenborder mit 2-3PS, zumindest als Option für später.
  • Einhandtauglich: Ich werde meist alleine Segeln. Steuern von Kurs und Segel wie auch Reffen muss alleine funktionieren.
  • Kosten und Bauaufwand überschaubar.

So war zunächst klar, dass wir über ein relativ leichts Schwertboot mit max. 6m Länge sprechen. Um Aufwand (Kosten, Platzbedarf, besonders aber Zeitbedarf!) für den Bau gering zu halten, habe ich einige zunächst beäugte Pläne für schicke und größere Boote mit Kabine wie Thomasson's Sharpie 600, Phil Bolger's Chebacco oder Core Sound 17 MkIII verworfen. Es sollte ein kleineres, aber noch recht seefestes Boot sein!

 

Gibt's nicht? Doch: Clever Köpfe haben sich verschiedene schicke und fähige Boote ausgedacht, die offenbar trotz maximal
15 Fuß Länge auch für's Küstensegeln taugen. Zuletzt blieb das sportliche 15- Fuß- Boot "RoG" mit Kabine (www.bedardyachtdesign.com) und die knapp 12 Fuß messende Scamp (smallcraftadvisor.com) übrig. Die Wahl fiel auf Scamp, da sie noch etwas kompakter und gemütlicher zu fahren ist- das kommt dem Familiensegeln entgegen. Salopp gesagt: Bei RoG sitzt man "drauf", bei Scamp eher "drin".

 

Was bedeutet Scamp?

Scamp ist das Acronym für Small Craft Advisor Magazine Project.
Der Name könnte mit "Spitzbube" oder "Schlingel" übersetzt werden.

 

Die Redakteure der amerikanischen Zeitschrift Small Craft Advisor
(www.smallcraftadvisor.com) entwickelten mit dem bekannten Neuseeländischen Bootskonstrukteur John Welsford im Jahr 2010 dieses Boot als "Mini- Mirocuiser" .

 

Der Entwurf scheint sehr gut gelungen und ist recht populär: Mein Plan hat die Lizenznummer #460.  Es gibt ein reges Forum, meist sind die Teilnehmer natürlich Amerikaner. Scamp wird vor Allem an der Westküste gesegelt, hat mehrfach am Everglade Challenge teilgenommen, ein Wagemutiger (was ich für eher verrückt halte...) hat sogar die Magellanstraße befahren...

 

Scamp wird als Plan oder als Bausatz (ausgefräste Sperrholzplatten) verkauft. Eine US- Werft hat gar den Bau einer Gfk- Form gewagt, dieses Boot wird aber nicht in Europa vertrieben.

 

Zugegebenermaßen wirkt der Prahmsteven und die offene Halbkabine zunächst gewöhnungsbedürftig. Alle Designmerkmale haben aber einen guten Grund. Die besonderen Eigenschaften des Bootes mächte ich Euch einmal tabellarisch vorstellen.

 

  •  Maximal kompaktes Design:
    3,63m Rumpflänge mit einem Cockpit für maximal 4 Leute beim Tagesausflug. Zur Kompaktheit trägt der Pramsteven (die „Plattnase“) bei, der den funktional unwichtigen Bugteil des Bootes „kappt“. Das seitlich versetzte Schwert lässt das Boot innen deutlich größer erscheinen als es tatsächlich ist. Das Cockpit mit ca. 1,9m  überraschend geräumig.

  • Bestechende Einfachheit:
    Das wantenlose und unverstagte Rigg mit einem Steckmast und dem balancierten Luggersegel ist ideal für’s Einhandsegeln und verzeiht sogar Patenthalsen. Auch Reffen ist alleine gut möglich. Statt (auch möglichem) Außenborder setzt der Entwurf auf Riemen. Wer wie ich auf das trailern angewiesen ist, freut sich über ein schnell montierbares Rigg.

  • Option auf mehr als nur Tagesausflüge:
    1 bis 2 Personen können mit einem an die Halbkabine angebautem Zelt übernachten. Es gibt reichlich wasserdichten Stauraum.

  • Sicherheit:
    Die vielen verschließbaren Stauungen sorgen für viel Reserveauftrieb. Es gibt 2 Kuven am Boden, die diesen schützen und ein aufrechtes Trockenfallen erlauben. Knapp 80kg Wasserballast kombinieren leichte Trailerbarkeit und gutes Ansprechen bei Leichtwind oder leichtes Rudern mit einer ordentlichen Portion Stabilität bei gefülltem Wassertank. Last but not least ist es einem gekenterten Skipper alleine möglich, das Boot aufzurichten und an Bord zu glangen.